Möglichkeiten zur Verlustverwertung

Allgemeine Informationen

Verluste aus einer steuerlich relevanten Betätigung sind grundsätzlich zu berücksichtigen. Keine solche Tätigkeit stellt eine so genannte "Liebhaberei" dar. Unter Liebhaberei versteht man Betätigungen, die nicht darauf ausgerichtet sind, innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes ein positives Gesamtergebnis zu erbringen. Verluste aus einer derartigen Liebhaberei sind steuerlich unbeachtlich (nicht mit positiven Einkünften aus anderen Quellen ausgleichsfähig).

Verlustausgleich

Im Regelfall können Verluste mit anderen positiven Einkünften desselben Jahres verrechnet werden. Man spricht daher von einem "Verlustausgleich". Das EStG sieht jedoch Verlustausgleichsbeschränkungen vor. Beispielsweise können bestimmte, in der Regel modellhaft aufgrund einer Verlustbeteiligung, entstandene negative Einkünfte vorläufig nicht mit anderen positiven Einkünften ausgeglichen werden, sondern erst mit zukünftigen Gewinnen bzw. Überschüssen aus der gleichen Einkunftsquelle. Verluste aus privaten Grundstücksveräußerungen können nur mit Überschüssen aus anderen privaten Grundstücksveräußerungen ausgeglichen werden. Soweit ein solcher Verlustausgleich nicht möglich ist, können 60 Prozent der Verluste entweder über 15 Jahre verteilt mit Überschüssen aus Vermietung und Verpachtung ausgeglichen oder auf Antrag im Jahr der Verlustentstehung zur Gänze mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ausgeglichen werden. Für Verluste aus dem Verkauf von Betriebsgrundstücken gelten analoge Verrechnungsregeln (vorrangiger Ausgleich mit entsprechenden Grundstücksgewinnen), ein verbleibender Verlust darf jedoch zu 60 Prozent zunächst mit einem Restgewinn aus diesem Betrieb, sodann mit anderen Einkünften ausgeglichen werden.

Verlustvortrag (Verlustabzug)

Können bei den ersten drei (= betrieblichen) Einkunftsarten angefallene Verluste nicht mit ausreichend positiven Einkünften im gleichen Jahr ausgeglichen werden, können sie "vorgetragen", das heißt in Folgejahren als Sonderausgaben abgezogen werden. Diese Art der Verlustverwertung nennt man "Verlustvortrag" bzw. "Verlustabzug". Dies gilt sowohl für Bilanzierer als auch Einnahmen-Ausgaben-Rechner, wenn die Verluste durch ordnungsgemäße Buchführung bzw. ordnungsgemäße Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ermittelt worden sind.

Die Verluste können zeitlich unbegrenzt vorgetragen werden. Für Einnahmen-Ausgaben-Rechner gilt der zeitlich unbegrenzte Verlustvortrag allerdings erst seit der Veranlagung 2016 in Bezug auf Verluste, die ab dem Kalenderjahr 2013 entstanden sind.

Verluste aus Überschusseinkünften (z.B. aus Vermietung und Verpachtung), denen im gleichen Jahr keine entsprechenden Gewinne oder Überschüsse gegenüberstehen, können nicht vorgetragen werden.

Befristeter Rücktrag von Verlusten des Jahres 2020 (Verlustrücktrag)

Mit dem Konjunkturstärkungsgesetz 2020 (KonStG 2020) wurde zur Abmilderung der wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Krise die befristete Möglichkeit vorgesehen, betriebliche Verluste des Jahres 2020 innerhalb eines Höchstbetrages von 5 Mio. Euro in das Jahr 2019 rückzutragen (Verlustrücktrag). Um im Sinne einer Liquiditätsstärkung die Berücksichtigung von Verlusten des Jahres 2020 bereits vor der Veranlagung 2020 – und damit vor Vornahme des Verlustrücktrages – zu ermöglichen, wurde zusätzlich die COVID-19-Verlustberücksichtigungsverordnung erlassen.

Aufgrund dieser gesetzlichen und verordnungsmäßigen Regelungen wurde eine umfassende vorzeitige Berücksichtigung der Verluste des Jahres 2020 ermöglicht, die – in zeitlicher Abfolge – die folgenden Maßnahmen umfasst.

Übersicht

  • Bis zur Steuererklärung 2019: Nachträgliche Herabsetzung der Vorauszahlungen von Einkommen- und Körperschaftsteuer für 2019 ("vorgezogene COVID-19-Rücklage")
  • Bei oder nach der Steuererklärung 2019: Verminderung der Steuerbelastung 2019 über die COVID-19-Rücklage als besonderen Abzugsposten ("vorgezogener Verlustrücktrag" aus 2020)
  • Bei oder nach der Steuererklärung 2020: Verminderung der Steuerbelastung 2019/2018 durch den Verlustrücktrag.

Alle drei beschriebenen Maßnahmen sind antragsgebunden. Danach allenfalls verbleibende Verluste werden über den (allgemeinen) Verlustvortrag (s.o.) bei künftigen Veranlagungen wirksam.

Nachträgliche Herabsetzung von Einkommensteuer- bzw. Körperschaftsteuervorauszahlungen für 2019

Die Verlustberücksichtigung durch die COVID-19-Rücklage kann nur im Rahmen der Veranlagung 2019 erfolgen. Um zu gewährleisten, dass eine liquiditätsmäßige Entlastung bereits vor Durchführung der Veranlagung 2019 erfolgen kann, sieht die Verordnung vor, dass Steuervorauszahlungen für 2019 nachträglich herabgesetzt werden können, sofern die Voraussetzungen für die COVID-19-Rücklage vorliegen.

COVID-19-Rücklage

Die Bildung der COVID-19-Rücklage setzt voraus, dass der Gesamtbetrag der betrieblichen Einkünfte im Jahr 2019 positiv und im Jahr 2020 voraussichtlich negativ ist.

Im Jahr 2020 voraussichtlich zu erwartende betriebliche Verluste können durch einen die Bemessungsgrundlage vermindernden Abzugsposten (COVID-19-Rücklage) ins Gewinnjahr 2019 rückübertragen werden, sofern die Steuervorauszahlungen für 2020 auf null bzw. die Mindestkörperschaftsteuer herabgesetzt wurden. Damit wirkt sich der Verlust 2020 bereits vor Vornahme des Verlustrücktrages schon bei der Veranlagung 2019 aus.

  • Die Höhe der COVID-19-Rücklage beträgt ohne weiteren Verlustnachweis bis zu 30 Prozent des Gewinnes 2019. Sie beträgt bis zu 60 Prozent des Gewinnes aus 2019, sofern die voraussichtliche Höhe der Verluste durch eine sorgfältige Schätzung glaubhaft gemacht wird. Sie ist – wie auch der Verlustrücktrag – mit höchstens 5 Mio. Euro gedeckelt.
  • Der Abzug der COVID-19-Rücklage erfolgt aufgrund eines eigenen Antrages. Wurde für das Jahr 2019 bereits eine Steuererklärung eingereicht, hat ein gesonderter Antrag zur Berücksichtigung der COVID-19-Rücklage (Formular CoV19-RL2019) zu erfolgen (Hochladen in FinanzOnline über Weitere Services – Sonstige Anträge – Sonstige Anbringen und Anfragen). Für Fälle, in denen die Steuererklärung 2019 noch nicht eingebracht worden ist, kann der Antrag auf COVID-19-Rücklage im Rahmen der Steuererklärung 2019 in FinanzOnline erfolgen.
  • Bei Mitunternehmerschaften können die Gesellschafterinnen/Gesellschafter die COVID-19-Rücklage in ihrer eigenen Steuererklärung berücksichtigen; bei Unternehmensgruppen kann sie der Gruppenträger bezogen auf das gesamte Gruppenergebnis geltend machen.
  • Die COVID-19-Rücklage ist unabhängig von der Gewinnermittlungsart. Sie lässt die Höhe der Einkünfte unverändert und hat daher auch keine Auswirkungen auf die sozialversicherungsrechtliche Bemessungsgrundlage.

Die im Jahr 2019 abgezogene COVID-19-Rücklage wird im Rahmen der Veranlagung 2020 bei Ermittlung des Gesamtbetrages der Einkünfte wieder hinzugerechnet, um eine nochmalige Verlustberücksichtigung im Rahmen des Verlustrücktrages zu vermeiden.

Bei einem abweichenden Wirtschaftsjahr 2019/2020 können sich durch die Pandemie verursachte Ergebniseinbrüche in der Veranlagung 2020 (noch) nicht oder nicht voll auswirken. In derartigen Fällen kann die COVID-19-Rücklage wahlweise auf den voraussichtlich negativen Gesamtbetrag der betrieblichen Einkünfte 2021 bezogen werden. Diesfalls wird die COVID-19-Rücklage bei der Veranlagung 2020 berücksichtigt und bei der Veranlagung 2021 hinzugerechnet.

Verlustrücktrag

Im Rahmen der COVID-19-Rücklage nicht berücksichtigte Verluste des Jahres 2020 können sodann in das Jahr 2019 rückgetragen und dort vom Gesamtbetrag der Einkünfte vor Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen abgezogen werden. Diese Möglichkeit besteht sowohl im Bereich der Einkommen- als auch der Körperschaftsteuer. An den Verlustrücktrag sind dieselben Voraussetzungen geknüpft wie an den Verlustvortrag. Der Verlustrücktrag kann jedoch nur innerhalb eines Höchstbetrages von 5 Mio. Euro (Deckelung) erfolgen.

Primär soll ein Rücktrag in die Veranlagung 2019 erfolgen; unter bestimmten Voraussetzungen ist jedoch auch ein Rücktrag von Verlusten in die Veranlagung 2018 möglich. Verbleiben nach Hinzurechnung der COVID-19-Rücklage im Jahr 2020 Verluste, die auch 2019 über den Verlustrücktrag nicht berücksichtigt werden können, kann ein "erweiterter" Verlustrücktrag in das Jahr 2018 beansprucht werden. Dafür ist ein Höchstbetrag von bis zu zwei Mio. Euro vorgesehen.

Der Antrag auf Verlustrücktrag kann frühestens bei der Steuererklärung 2020 gestellt werden. Die Berücksichtigung des Verlustrücktrages erfolgt im Rahmen der Veranlagung 2019 (bzw. 2018). Ist die Veranlagung bereits rechtskräftig, gilt der Antrag als rückwirkendes Ereignis.

Bei einem abweichenden Wirtschaftsjahr 2019/2020 können sich durch die Pandemie verursachte Ergebniseinbrüche in der Veranlagung 2020 (noch) nicht oder nicht voll auswirken. Um auch diesen Steuerpflichtigen den Verlustrücktrag zu ermöglichen, soll in derartigen Fällen der Verlustrücktrag bei der Veranlagung 2021 erfolgen, sodass es zu einer Berücksichtigung bei der Veranlagung 2020 kommt.

Beispiel

Ein Hotel hat ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 1. April bis 31. März. Bei der Veranlagung 2020 wird das Ergebnis des Wirtschaftsjahres 2019/2020 erfasst, das aber von den Auswirkungen der Krise praktisch nicht betroffen ist. Diese werden erst im Wirtschaftsjahr 2020/2021 und somit bei der Veranlagung 2021 wirksam. Daher kann der Verlustrücktrag bei der Veranlagung 2021 vorgenommen werden und der Verlust mit dem (positiven) Ergebnis aus 2020 verrechnet werden.

Für Unternehmensgruppen sind beim Verlustrücktrag Besonderheiten zu beachten: Ein Verlustrücktrag kann alleine auf Ebene des Gruppenträgers berücksichtigt werden. Der für den Verlustrücktrag durch den Gruppenträger insgesamt zulässige Höchstbetrag beträgt 5 Mio. Euro für den Gruppenträger und 5 Mio. Euro für jedes unbeschränkt oder beschränkt steuerpflichtige Gruppenmitglied.

Kann ein Verlust aus 2020 nicht rückgetragen werden, wird er zum Verlustvortrag (s.o.).

Verlustrücktrag bei Wechsel des Steuersubjektes und Umgründungen: Die für den Verlustvortrag geltenden allgemeinen steuerlichen Grundsätze gelten ebenso für den Verlustrücktrag (Übergang auf Erblasserin/Erblasser nur bei Übertragung von Todes wegen). Ein Übergang des Verlustrücktrages auf umgründungsbedingte Rechtsnachfolger ist nicht möglich, um unerwünschte Rückkoppelungen auf bereits abgeschlossene gesellschaftsrechtliche Vereinbarungen zu vermeiden.

Beispiel

Der Gesamtbetrag der Einkünfte 2019 setzt sich nach Berücksichtigung der COVID-19-Rücklage folgendermaßen zusammen:

Einkünfte aus selbständiger Arbeit 200.000
Einkünfte aus Gewerbebetrieb 2.000.000
COVID-19-Rücklage (30 Prozent von 2.200.000) -660.000
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 40.000
Gesamtbetrag der Einkünfte 2019 1.580.000

Der Gesamtbetrag 2020 setzt sich unter Hinzurechnung der im Vorjahr geltend gemachten COVID-19-Rücklage wie folgt zusammen:

Einkünfte aus selbständiger Arbeit 80.000
Einkünfte aus Gewerbebetrieb -6.000.000
Hinzurechnung der COVID-19-Rücklage 660.000
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 30.000
Gesamtbetrag der Einkünfte 2020 -5.230.000

Beantragt die/der Steuerpflichtige einen Verlustrücktrag, dann setzt sich der Gesamtbetrag der Einkünfte 2019 folgendermaßen zusammen:

Einkünfte aus selbständiger Arbeit 200.000
Einkünfte aus Gewerbebetrieb 2.000.000
COVID-19-Rücklage -660.000
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 40.000
  1.580.000
Verlustrücktrag -1.580.000
Gesamtbetrag der Einkünfte 2019 0

Der Verlust 2020 iHv 5.230.000 übersteigt den Gesamtbetrag der Einkünfte im Jahr 2019 von 1.580.000 um 3.650.000. Ein Teil dieses Verlusts kann auf das Jahr 2018 rückgetragen werden:

Einkünfte aus selbständiger Arbeit 150.000
Einkünfte aus Gewerbebetrieb 1.500.000
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 40.000
  1.690.000
Verlustrücktrag -1.690.000
Gesamtbetrag der Einkünfte 2018 0

Der Verlust 2020 iHv 5.230.000 übersteigt den Gesamtbetrag der Einkünfte im Jahr 2019 und 2018 um 1.960.000. Dieser verbleibende Verlust kann auf das Jahr 2021 vorgetragen werden.

Einkünfte aus selbständiger Arbeit 80.000
Einkünfte aus Gewerbebetrieb -6.000.000
Hinzurechnung der COVID-19-Rücklage 660.000
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 30.000
Verlustrücktrag 2019 und 2018 3.270.000
Gesamtbetrag der Einkünfte 2020 (möglicher Verlustvortrag ab 2021) -1.960.000

Rechtsgrundlagen

Letzte Aktualisierung: 1. Januar 2024

Für den Inhalt verantwortlich: Bundesministerium für Finanzen