Aufzeichnungspflichten für Plattformen

Allgemeines

Unter die Bezeichnung "Plattform" fallen elektronische Schnittstellen, wie z.B. Portale, Websites oder elektronische Marktplätze. Für diese gelten spezielle Regelungen:

  • Gemäß § 18 Abs 11 UStG 1994 gelten spezielle Aufzeichnungspflichten für Plattformen, die andere dabei unterstützen, Lieferungen oder Dienstleistungen an Konsumentinnen/Konsumenten zu erbringen.
  • Weiters unterliegen "beteiligte Plattformen" einer Haftung bei Sorgfaltspflichtverletzungen (§ 27 Abs 1 UStG 1994).
  • Plattformen, die gewisse Warenlieferungen unterstützen, werden unter gewissen Voraussetzungen kraft gesetzlicher Fiktion zum Steuerschuldner. Für diese Plattformen gelten daher die allgemeinen Aufzeichnungspflichten nach § 18 UStG 1994.

Rechtsgrundlage für die genannten Änderungen sind § 3 Abs 3a, § 18 Abs 11 und Abs 12 UStG 1994 sowie die hierzu ergangene Sorgfaltspflichten-UStV BGBl. II Nr. 315/2019 und Art 54b ff VO (EU) 282/2011. Weitere Informationen, Formvorschriften und Voraussetzungen dazu finden sich auf dieser Seite und in Rz 2594 und Rz 3461-3463 der Umsatzsteuersteuerrichtlinien 2000.

Aufzeichnungspflichten für Plattformen, die Umsätze unterstützen, ohne selbst Steuerschuldner zu sein (§ 18 Abs 11 UStG 1994)

Für welche Umsätze bestehen die Aufzeichnungspflichten?

Wird eine Plattform für die Umsätze anderer "unterstützend" tätig, hat sie Aufzeichnungen über diese Umsätze zu führen (§ 18 Abs 11 UStG 1994). Diese Aufzeichnungspflicht besteht zusätzlich zu den allgemeinen umsatzsteuerlichen Aufzeichnungspflichten nach § 18 UStG 1994. Sie gilt für folgende Umsätze, wenn diese über die Plattform erbracht werden:

  • Warenlieferungen, die im Inland enden und an eine Nichtunternehmerin/einen Nichtunternehmer oder eine andere der in Art 3 Abs 4 Anhang zum UStG 1994 genannten Personen (z.B. Kleinunternehmen) ausgeführt werden
  • B2C und C2C Dienstleistungen, die im Inland an eine Nichtunternehmerin/einen Nichtunternehmer erbracht werden.

Die Aufzeichnungspflicht begründet für sich allein keine Pflicht zur Beauftragung oder Bekanntgabe einer Fiskalvertreterin/eines Fiskalvertreters iSd § 27 Abs 7 UStG 1994. 

Wann wird eine Plattform "unterstützend" tätig?

Eine Plattform wird unterstützend tätig, wenn einer/einem Leistungserbringenden durch Nutzung der Plattform ermöglicht wird, mit Kundinnen/Kunden in Kontakt zu kommen und infolgedessen eine Warenlieferung oder Dienstleistung über die Plattform an die Kundinnen/Kunden erfolgt.

Eine unterstützende Tätigkeit wird z.B. erbracht, wenn die Plattform unmittelbar oder mittelbar

  • die Bedingungen für den Verkauf der Waren oder der Erbringung einer Dienstleistung festlegt und/oder
  • an der Autorisierung der Abrechnung beteiligt ist und/oder
  • an der Bestellung oder Leistungserbringung beteiligt ist.

Im Gegensatz dazu gilt als "nicht unterstützend" die bloße

  • Verarbeitung von Zahlungen oder
  • Auflistung von Waren/Dienstleistungen auf der Plattform oder
  • Werbung für Waren/Dienstleistungen oder
  • Weiterleitung oder Vermittlung von Kunden an andere Plattformen, ohne dass die weiterleitende Plattform selbst in die nachfolgenden Umsätze eingebunden ist.

Welche Aufzeichnungen hat die Plattform zu führen?

Die Aufzeichnungen haben die in der Sorgfaltspflichten-UStV BGBl. II Nr. 315/2019 und in Art 54c Abs 2 der VO (EU) 282/2011 genannten Informationen zu enthalten. Dies beinhaltet

  • den Namen, die Postadresse und die E-Mail-Adresse oder Website der/des zugrundeliegenden Leistungserbringenden
  • die Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer oder nationale Steuernummer der/des zugrundeliegenden Leistungserbringenden (falls erhältlich)
  • die Bankverbindung oder Nummer des virtuellen Kontos der/des zugrundeliegenden Leistungserbringenden (falls erhältlich)
  • eine Beschreibung der Waren oder der Dienstleistungen (als Beschreibung genügt z.B. die Bezeichnung Sportartikel)
  • das für die Leistung bezahlte Entgelt bzw. der Wert der Waren oder Dienstleistungen (d.h. vor Abzug von etwaigen durch die Plattform verrechneten Nutzungsgebühren)
  • der Ort an dem die Warenlieferung endet bzw. bei Dienstleistungen Informationen zur Feststellung des Ortes der/des Leistungserbringenden
  • der Zeitpunkt, an dem die Warenlieferung oder Dienstleistung ausgeführt wird oder falls Informationen zu diesem Zeitpunkt nicht vorhanden sind, der Zeitpunkt der Bestellung
  • die einmalig vergebene Bestell- oder Transaktionsnummer

Einige der oben genannten Informationen müssen nur "falls erhältlich" aufgezeichnet werden. Informationen sind für die Plattform erhältlich, wenn sie entweder der Plattform selbst oder, im Falle einer Organschaft iSd § 2 Abs 2 UStG 1994, einer Organgesellschaft, im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zugänglich sind. Hingegen gelten Informationen, die nur Dritten zugänglich sind (z.B. Zahlungsdienstleistern) nicht als für die Plattform erhältlich.

Unterstützt eine Plattform die Vermietung von Grundstücken für Wohn- oder Campingzwecke oder die Beherbergung in eingerichteten Wohn- und Schlafräumen, ist zusätzlich die Postadresse sowie die der Plattform bekannte Aufenthalts- oder Mietdauer und Anzahl der übernachtenden Personen aufzuzeichnen. Ist der Plattform die Anzahl der übernachtenden Personen nicht bekannt, sind die Anzahl und Art der gebuchten Betten aufzuzeichnen.

Stellt sich heraus, dass der Plattform von der/dem zugrundeliegenden Leistungserbringenden unrichtige Informationen übermittelt wurden, hat dies für die Plattform dann keine Konsequenzen, wenn sie von der Unrichtigkeit der Angaben weder wusste, noch davon hätte wissen können (Art 5c der VO (EU) 282/2011).

Für Informationen hinsichtlich der technischen Spezifikationen (ergänzende Beschreibung zur XML- und XSD-Struktur für die Aufzeichnungs- und Sorgfaltspflichten) finden Sie auf den Seiten des Bundesministeriums für Finanzen: Aufzeichnungspflichten gemäß § 18 Abs 11 und 12 UStG ( BMF)

Müssen die Aufzeichnungen den Abgabenbehörden übermittelt werden?

Die Aufzeichnungen sind bis 31. Jänner des Folgejahres elektronisch zu übermitteln, wenn der Gesamtwert der Umsätze, die aufzuzeichnen sind, im Kalenderjahr 1.000.000 Euro übersteigt. Alle anderen Plattformen haben die Aufzeichnungen nur auf Verlangen der Finanzbehörde elektronisch vorzulegen.

Wie sind die Aufzeichnungen zu übermitteln?

Die Aufzeichnungen sind in der nach der VO zu § 18 Abs 12 UStG 1994 BGBl. II Nr. 377/2019 vorgesehenen Form zu übermitteln. Die Übermittlung erfolgt über das hierfür eingerichtete USt-Webservice. Für FinanzOnline-Teilnehmerinnen/FinanzOnline-Teilnehmer erfolgt die Nutzung des Webservice über FinanzOnline. Unternehmerinnen/Unternehmer, die nicht an FinanzOnline teilnehmen, haben eine Registrierung für Plattformen, die einer umsatzsteuerlichen Aufzeichnungspflicht unterliegen, vorzunehmen.

Registrierung (für Nicht-FinanzOnline-Teilnehmerinnen/Nicht-FinanzOnline-Teilnehmer): Registrierung für Plattformen, die einer umsatzsteuerlichen Aufzeichnungspflicht unterliegen ( BMF)

Informationen zur Übermittlung und zum Webservice: Sonstige Funktionen ( BMF)

Informationen zu den Vorgaben und der Struktur für die Übermittlung (technische Spezifikationen): Aufzeichnungspflichten gemäß § 18 Abs 11 und 12 UStG ( BMF)

Wie lange müssen die Aufzeichnungen aufbewahrt werden?

Die Aufzeichnungen sind mit Ablauf des Jahres, in dem der Umsatz bewirkt wurde, zehn Jahre lang aufzubewahren.

Welche Konsequenzen gibt es, wenn die Plattform ihre Aufzeichnungspflicht verletzt?

Bei Verstoß gegen die Aufzeichnungspflichten und der damit verbundenen Sorgfaltspflichtverletzung haftet die Plattform für die Umsatzsteuer auf die aufzuzeichnenden Umsätze (Näheres siehe Rz 3461 ff Umsatzsteuerrichtlinien 2000).

Für Plattformen, die nicht selbst Steuerschuldner sind, gelten ab einem Gesamtwert von 1.000.000 Euro zusätzliche Sorgfaltsvorschriften. Dieser Gesamtwert berechnet sich aus den Umsätzen, die nach § 18 Abs 11 UStG 1994 aufzuzeichnen sind. Seit 1. Juli 2021 sind auch die Umsätze, für die kraft gesetzlicher Fiktion bei der Plattform eine Steuerschuld entsteht, miteinzuberechnen.

Bei Überschreiten des Gesamtwertes haftet die Plattform auch, wenn sie

  • die Aufzeichnungen verspätet an die Abgabenbehörden übermittelt und/oder
  • Dienstleistungen einer/eines Leistungserbringenden mit einem Gesamtwert von über 35.000 Euro pro Kalenderjahr unterstützt und die/der Leistungserbringende der Plattform keine der folgenden Informationen übermittelt
    • inländische UID,
    • bei Nutzung eines One-Stop-Shops die ausländische UID mitsamt der Information über den Mitgliedstaat der Identifikation,
    • andere Nachweise, die belegen, dass die/der Leistungserbringende den steuerlichen Verpflichtungen nachkommt
  • Warenlieferungen einer/eines Leistungserbringenden mit einem Gesamtwert von über 10.000 Euro pro Kalenderjahr unterstützt und die/der Leistungserbringende der Plattform keine der folgenden Informationen übermittelt
    • inländische UID,
    • bei Nutzung eines One-Stop-Shops die ausländische UID oder IM-Identifikationsnummer mitsamt der Information über den Mitgliedstaat der Identifikation,
    • andere Nachweise, die belegen, dass die/der Leistungserbringende den steuerlichen Verpflichtungen nachkommt.

Sorgfaltspflicht für beteiligte Plattformen 

Wann gilt eine Plattform als beteiligt?

Eine Plattform beteiligt sich an einem Versandhandelsumsatz, wenn sie

  • auf den Webshop oder die Website einer Lieferantin/eines Lieferanten weiterleiten,
  • hierfür ein umsatzabhängiges Entgelt bekommen und
  • der Gesamtwert der Umsätze, die die Lieferantinnen/die Lieferanten aufgrund der Weiterleitung durch die Plattform erzielen, 1.000.000 Euro übersteigt.

Eine Plattform beteiligt sich an einer Dienstleistung, wenn sie

  • auf den Webshop oder die Website einer/eines Leistungserbringenden weiterleiten,
  • hierfür ein umsatzabhängiges Entgelt bekommen und
  • der Gesamtwert der Umsätze, die die Leistungserbringenden aufgrund der Weiterleitung durch die Plattform erzielen, 1.000.000 Euro übersteigt.

Plattformen haften seit 1. Juli 2021 für Versandhandelsumsätze und Dienstleistungen an Nichtunternehmerinnen/Nichtunternehmer, an denen die jeweilige Plattform beteiligt ist, wenn sie dabei die ihnen obliegende Sorgfaltspflicht verletzen.

Für welche Umsätze und ab welcher Umsatzgrenze gilt die Sorgfaltspflicht?

Die Sorgfaltspflicht gilt für innergemeinschaftliche Versandhandelsumsätze, Einfuhr-Versandhandelsumsätze und Umsätze aus Dienstleistungen an Nichtunternehmerinnen/Nichtunternehmer, wenn die gesetzlich vorgesehenen Umsatzgrenzen überschritten werden und die Plattform als beteiligt anzusehen ist.

Bei Versandhandelsumsätzen beträgt die Grenze 10.000 Euro, bei Dienstleistungen an Nichtunternehmerinnen/Nichtunternehmer 35.000 Euro, wobei für die Berechnung nur jene Entgelte zu berücksichtigen sind, die die Unternehmerin/der Unternehmer von weitergeleiteten Kunden mit österreichischer IP-Adresse für diese Warenlieferungen oder Dienstleistungen erhält.

Wann liegt ein Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht vor?

Bei Versandhandelsumsätzen verletzt eine beteiligte Plattform ihre Sorgfaltspflicht, wenn sie von der Lieferantin/vom Lieferanten keine der folgenden Nachweise erhält

  • ihre/seine inländische UID, oder
  • bei Nutzung eines One-Stop-Shops die ausländische UID oder IM-Identifikationsnummer mitsamt der Information über den Mitgliedstaat der Identifikation oder
  • andere Nachweise, die belegen, dass die Lieferantin/der Lieferant ihren/seinen steuerlichen Verpflichtungen nachkommt.

Bei Dienstleistungen an Nichtunternehmerinnen/Nichtunternehmer verletzt eine beteiligte Plattform ihre Sorgfaltspflicht, wenn sie von der Dienstleistungserbringerin/vom Dienstleistungserbringer keine der folgenden Nachweise erhält

  • ihre/seine inländische UID, oder
  • bei Nutzung eines One-Stop-Shops die ausländische UID mitsamt der Information über den Mitgliedstaat der Identifikation oder
  • andere Nachweise, die belegen, dass die Dienstleistungserbringerin/der Dienstleistungserbringer ihren/seinen steuerlichen Verpflichtungen nachkommt.

Nähere Informationen zum Umsatzsteuer One-Stop-Shop finden sich auf USP.gv.at.

Aufzeichnungspflicht für Plattformen, die kraft gesetzlicher Fiktion zum Steuerschuldner werden

Für welche Umsätze wird eine Plattform zum Steuerschuldner?

Seit 1. Juli 2021 werden Plattformen auch zum Steuerschuldner, wenn sie nachfolgende Umsätze unterstützen (zum Begriff "unterstützen" siehe oben):

  • Einfuhr-Versandhandelsumsätze (§ 3 Abs 8a UStG 1994), bei denen der Einzelwert je Sendung 150 Euro nicht übersteigt,
  • Warenlieferungen innerhalb des Unionsgebietes durch nicht in der EU niedergelassene Unternehmen an eine Nichtunternehmerin/einen Nichtunternehmer.

Für Warenlieferungen, bei denen die Kundin/der Kunde eine Unternehmerin/ein Unternehmer ist, oder für Dienstleistungen wird die Plattform hingegen nicht zum Steuerschuldner.

Sofern der Plattform keine gegenteiligen Angaben vorliegen, sind Personen, die Waren über die Plattform verkaufen, als Unternehmerinnen/Unternehmer und Personen, die Waren ankaufen, als Nichtunternehmerinnen/Nichtunternehmer zu behandeln (Art 5d der VO (EU) 282/2011).

Welche Aufzeichnungen sind zu führen, wenn eine Plattform Steuerschuldner ist?

Wird die Plattform kraft gesetzlicher Fiktion zum Steuerschuldner, gelten wiederum die allgemeinen Aufzeichnungspflichten gemäß § 18 Abs 1 UStG 1994. Siehe hierzu Rz 2521 bis Rz 2593 der Umsatzsteuerrichtlinien 2000.

Weiterführende Links

Rechtsgrundlagen

Letzte Aktualisierung: 1. Januar 2024

Für den Inhalt verantwortlich: Bundesministerium für Finanzen