Arbeitsrechtliche Aspekte von Katastrophen
- Verletzungen von Arbeitnehmern
- Tod von Arbeitnehmern
- Als vermisst geltende Arbeitnehmer
- Dienstverhinderung durch Katastrophenfall
- Betriebsausfall wegen Zerstörung der Betriebsanlagen
- Weiterführende Links
- Rechtsgrundlagen
Verletzungen von Arbeitnehmern
Ist jemand aufgrund der Verletzungen im Zuge einer Katastrophe arbeitsunfähig, gelten dieselben Regelungen wie bei Krankheit. Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach dem Angestelltengesetz bzw. Entgeltfortzahlungsgesetz besteht, wenn
- die Erkrankung unverzüglich mitgeteilt wird und
- auf Verlangen der Arbeitgeberin/des Arbeitgebers eine Bestätigung über Beginn, voraussichtliche Dauer und Ursache der Arbeitsunfähigkeit vorgelegt wird.
Befindet man sich zum Zeitpunkt der Katastrophe im Urlaub, kommt es bei einer mehr als drei Tage dauernden Arbeitsunfähigkeit und Erfüllung der Meldepflichten zu einer Unterbrechung des Urlaubs. Die auf Werktage fallenden Krankenstandstage werden nicht auf den Urlaubsverbrauch angerechnet.
Sind die Verletzungen so schwer, dass eine (Teil-)Invalidität oder eine Berufsunfähigkeit vorliegt, kann ein Antrag auf Berufsunfähigkeits-, Invaliditäts- und Erwerbsunfähigkeitspension gestellt werden.
Tod von Arbeitnehmern
Für verstorbene Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer endet das Arbeitsverhältnis automatisch mit dem Todestag. Dieser wird im Sterbebuch oder im Buch für Todeserklärungen eingetragen. Die Verstorbene/der Verstorbene wird mit dem festgestellten Todestag von der Arbeitgeberin/dem Arbeitgeber bei der Gebietskrankenkasse abgemeldet.
Fällt die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer noch unter die Regelungen der Abfertigung ALT, haben ihre/seine gesetzlichen Erbinnen/Erben, zu deren Erhaltung die Verstorbene/der Verstorbene gesetzlich verpflichtet war, Anspruch auf die Hälfte der Abfertigung, die ihm oder ihr zum Zeitpunkt des Todes zugestanden wäre.
Fällt die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer unter das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz (Abfertigung NEU), steht ihrem Ehegatten/seiner Ehegattin oder der eingetragenen Partnerin/dem eingetragenen Partner sowie den Kindern (Wahl-, Pflege- und Stiefkinder), sofern für die Kinder Familienbeihilfe bezogen wird, die Abfertigung zu gleichen Teilen zu. Die Auszahlung der Abfertigung ist innerhalb von drei Monaten ab dem Zeitpunkt des Todes gegenüber der Betrieblichen Vorsorgekasse schriftlich geltend zu machen. Melden sich innerhalb dieser Frist keine anspruchsberechtigten Personen, fällt die Abfertigung an die Verlassenschaft.
Weiters gebührt allen Erbinnen/Erben die Ersatzleistung nach dem Urlaubsgesetz für noch offene Urlaubsansprüche der verstorbenen Arbeitnehmerin/des verstorbenen Arbeitnehmers.
Als vermisst geltende Arbeitnehmer
Gibt es über das Schicksal einer Arbeitnehmerin/eines Arbeitnehmers keine oder keine gesicherten Informationen, muss die Arbeitgeberin/der Arbeitgeber von einer Lebensvermutung ausgehen. Das Arbeitsverhältnis muss aufrecht erhalten werden. Die Frage der Entgeltfortzahlung ist in diesen Fällen vor dem Hintergrund des konkreten Einzelfalls zu klären. Die Inanspruchnahme einer Beratung bei der Arbeiterkammer ist zu empfehlen.
Besteht kein Entgeltanspruch, wird die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer üblicherweise bei der Gebietskrankenkasse abgemeldet. Damit kann auch der Versicherungsschutz für mitversicherte Angehörige enden! Allerdings kann diese Bestimmung im jeweiligen Katastrophenfall ausgesetzt werden.
Nach der Flutkatastrophe 2004 in Asien wurde beispielsweise verfügt, dass der Krankenversicherungsschutz von Vermissten und deren Angehörigen bis zum Vorliegen einer Todeserklärung, längstens bis 12 Monate nach der Katastrophe, aufrecht bleibt.
Auskünfte erteilen im jeweiligen Fall das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft und die zuständige Arbeiterkammer.
Hinweis
Die Kündigung einer vermissten Arbeitnehmerin/eines vermissten Arbeitnehmers ist nur nach gerichtlicher Bestellung einer Abwesenheitskuratorin/eines Abwesenheitskurators (→ oesterreich.gv.at) möglich!
Dienstverhinderung durch Katastrophenfall
Kann eine Arbeitnehmerin/ein Arbeitnehmer aufgrund einer Katastrophe den Betrieb nicht erreichen oder erscheint sie/er zu spät zur Arbeit, liegt ein Dienstverhinderungsgrund nach dem Angestelltengesetz (AngG) bzw. dem Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) vor. Dies gilt auch dann, wenn die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer mit Aufräumungsarbeiten des eigenen Hauses beschäftigt ist.
Angestellte und Arbeiterinnen/Arbeiter haben einen Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts. Dieser Anspruch ist unabdingbar.
Wer nicht zur Arbeit erscheint, weil sie/er zwecks Suche oder Begleitung von Angehörigen in ein Katastrophengebiet reist, muss zu diesem Zweck Urlaub mit der Arbeitgeberin/dem Arbeitgeber vereinbaren.
Da zusätzlich noch eigene Bestimmungen der verschiedenen Kollektivverträge zum Tragen kommen können, sollten Sie sich im jeweiligen Fall bei Ihrer Arbeiterkammer oder Ihrer Wirtschaftskammer über die genauen Regelungen informieren.
Arbeiternehmerinnen und Arbeitnehmer haben unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf bezahlte Freistellung für einen Einsatz als freiwilliges Mitglied einer Hilfsorganisation.
Betriebsausfall wegen Zerstörung der Betriebsanlagen
Entgeltfortzahlung
Sofern die Katastrophe als typisches Betriebsrisiko zu werten ist, haben Angestellte und Arbeiterinnen/Arbeiter in der Regel einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 1155 ABGB.
Handelt es sich aber um ein umfassendes Elementarereignis, das in seiner Auswirkung über die Arbeitgebersphäre hinaus in vergleichbarer Weise die Allgemeinheit trifft (z.B. die ganze Region ist von der Naturkatastrophe betroffen), ist von einer Entgeltfortzahlungspflicht der Arbeitgeberin/des Arbeitgebers abzusehen.
Genaue Informationen erteilt für den jeweiligen Fall Ihre Wirtschaftskammer oder das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft..
Aufräumarbeiten
Unabhängig von den arbeitsvertraglich vereinbarten Tätigkeitsbereichen der Arbeitnehmerinnen/der Arbeitnehmer, müssen diese im Katastrophenfall bei Aufräum- und Sicherungsarbeiten im Betrieb mithelfen (Treuepflicht). In diesem Fall ist die Unternehmerin/der Unternehmer jedoch auch verpflichtet, weiter das Entgelt auszuzahlen.
Weiterführende Links
- Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft (→ BMAW)
- Arbeiterkammer (→ AK)
- Wirtschaftskammer Österreich (→ WKO)
Rechtsgrundlagen
- § 8 Abs 3 Angestelltengesetz (AngG)
- §§ 1154b Abs 5 und 1155 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)
Für den Inhalt verantwortlich: Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft