Selbstständigkeit und Schwangerschaft
Für selbstständig erwerbstätige Frauen (Gewerbetreibende, Freiberuflerinnen, neue Selbstständige und Bäuerinnen) gilt das Mutterschutzgesetz (MSchG) nicht. Für arbeitnehmerähnliche freie Dienstnehmerinnen gelten nur einzelne Beschäftigungsverbote sowie ein eingeschränkter Kündigungsschutz.
Im Arbeitsverhältnis gilt dagegen das Mutterschutzgesetz. Sobald Arbeitgeberinnen/Arbeitgeber von der Schwangerschaft einer Arbeitnehmerin Kenntnis erlangen, müssen sie den Mutterschutz (→ oesterreich.gv.at) laut Mutterschutzgesetz einhalten.
Erwarten selbstständig erwerbstätige Frauen ein Kind, so haben sie ebenso wie Dienstnehmerinnen Anspruch auf Leistungen aus dem Versicherungsfall der Mutterschaft. Dieser umfasst die Schwangerschaft, Entbindung und die sich daraus ergebenden Folgen.
Der Versicherungsfall der Mutterschaft tritt mit dem Beginn der achten Woche vor der voraussichtlichen Entbindung ein. Erfolgt die Entbindung schon vor diesem Zeitpunkt, tritt der Versicherungsfall mit der Entbindung ein.
Es werden Sachleistungen (ärztliche Hilfe, Hebammenbeistand, Beistand durch Diplomierte der Kinderkranken- und Säuglingspflege, Heilmittel und Heilbehelfe) gewährt. Außerdem besteht anlässlich der Entbindung Anspruch auf kostenfreie Pflege in einer Krankenanstalt (längstens bis zu einer Dauer von zehn Tagen).
Als Leistungen kommen zusätzlich
- Betriebshilfe als Sachleistung oder
- Wochengeld als Geldleistung
in Betracht.
Der Anspruch auf Leistungen aus dem Versicherungsfall der Mutterschaft ist im Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz (GSVG) verankert. Für Bäuerinnen sind diese Leistungen im Bauern-Sozialversicherungsgesetz (BSVG) geregelt.
Für selbstständig erwerbstätige Frauen ist als Leistung aus dem Versicherungsfall der Mutterschaft grundsätzlich Betriebshilfe vorgesehen: Eine Ersatzarbeitskraft übernimmt die unaufschiebbaren Arbeiten der Wöchnerin außerhalb des Haushalts. Der Betrieb kann somit ohne Unterbrechung weiterlaufen.
Betriebshilfe steht grundsätzlich für die Dauer der letzten acht Wochen vor der Geburt, den Entbindungstag selbst sowie für acht Wochen nach der Geburt zu. Wäre durch die Weiterausübung der Tätigkeit eine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit der Erwerbstätigen oder des Kindes gegeben, besteht Anspruch auf Betriebshilfe schon vor diesem Zeitraum. Dazu muss die Gefährdung durch ein ärztliches Zeugnis nachgewiesen werden.
Nach einer Früh- oder Mehrlingsgeburt oder einem Kaiserschnitt verlängert sich die Anspruchsdauer auf zwölf Wochen nach der Geburt. Kommt das Kind früher als erwartet auf die Welt, verlängert sich die Anspruchsdauer um die Anzahl jener Tage, um die das Kind früher geboren wurde. Der Anspruch besteht maximal für eine Dauer von 16 Wochen.
Die Betriebshilfe wird grundsätzlich durch den Versicherungsträger (bzw. durch dessen Vertragspartnerin/Vertragspartner) bereitgestellt:
Meldung bei der SVS
Der Eintritt der Schwangerschaft ist bei der Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen (→ SVS) bis spätestens am Beginn des dritten Monats vor der voraussichtlichen Entbindung unter Anschluss eines ärztlichen Zeugnisses über den Zeitpunkt der voraussichtlichen Entbindung zu melden.
Erforderliche Unterlagen
- Kopie der Geburtsurkunde des Kindes – nach der Geburt nachzureichen
- Kopie der ärztlichen Bestätigung über den tatsächlichen Geburtstermin – nach der Geburt nachzureichen
- Eltern-Kind-Pass (→ oesterreich.gv.at)
- Antragsformular Betriebshilfe (→ SVS) oder
- Antragsformular Betriebshilfe für Bäuerinnen (→ SVS)
Es ist empfehlenswert, sich rechtzeitig bei der regionalen Landesstelle der SVS zu den Formalitäten zu erkundigen und sich persönlich zur Betriebshilfe für Unternehmerinnen beraten zu lassen, bei
- der Wirtschaftskammer Österreich,
- den Wirtschaftskammern in den Bundesländern,
- den Landwirtschaftskammern als Interessenvertretungen für Bäuerinnen oder
- dem zuständigen Versicherungsträger.
Kann keine geeignete Betriebshilfe durch den Versicherungsträger (bzw. durch dessen Vertragspartnerin/Vertragspartner) bereitgestellt werden, haben selbständig erwerbstätige Frauen Anspruch auf Wochengeld, wenn sie eine betriebsfremde – wenn eine solche nicht zur Verfügung steht, eine nicht betriebsfremde – Hilfe ständig einsetzen.
Ständig bedeutet, dass die Hilfe an mindestens vier Tagen pro Woche oder im Ausmaß von 20 Wochenstunden eingesetzt werden muss.
Das gilt während des Zeitraumes von acht Wochen vor der Geburt, des Tages der Geburt und acht Wochen bzw. zwölf Wochen nach der Geburt, insgesamt jedoch maximal für einen Zeitraum von sechzehn Wochen.
Informationen zur Antragsstellung und zu den Auszahlungsmodalitäten gibt es bei der Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen (→ SVS).
Höhe des Wochengeldes: 67,19 Euro täglich (Wert im Jahr 2024).
Meldung bei der SVS
Der Eintritt der Schwangerschaft ist der SVS bis spätestens zu Beginn des dritten Monats vor der voraussichtlichen Entbindung zu melden. Der Meldung ist ein ärztliches Zeugnis über den Zeitpunkt der voraussichtlichen Entbindung anzuschließen.
Um finanzielle Härten zu vermeiden, obliegt es der Unternehmerin, ob sie ihre Erwerbstätigkeit ruhend meldet bzw. unterbricht und dies anzeigt, womit sie dann für die Dauer des Wochengeldbezuges keine Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten hat. Der erforderliche Krankenversicherungsschutz wird aufrechterhalten. Gleichzeitig besteht eine Einbeziehung in eine besondere Teilversicherung in der Pensionsversicherung. Voraussetzung hiefür ist eine mindestens sechsmonatige durchgehende Pflichtversicherung aufgrund einer Selbständigkeit vor der Ruhendmeldung.
Erforderliche Unterlagen
- Kopie der Geburtsurkunde des Kindes – nach der Geburt nachzureichen
- Kopie der Arztbestätigung über den tatsächlichen Geburtstermin – nach der Geburt nachzureichen
- Eltern-Kind-Pass (→ oesterreich.gv.at)
- Antragsformular Wochengeld (→ SVS)
- Antragsformular Wochengeld für Bäuerinnen (→ SVS)
Eine weitere Möglichkeit für selbstständig erwerbstätige Frauen, die ein Kind erwarten, ist, das Gewerbe ruhend zu stellen. Diese Möglichkeit bietet sich für Webdesignerinnen, Masseurinnen etc. an, d.h. für Unternehmerinnen, deren Gewerbe ausschließlich auf ihrer eigenen Arbeitskraft beruht.
Die Ruhendmeldung der Gewerbeausübung muss innerhalb von drei Wochen nach Einstellung der Tätigkeit bei der Wirtschaftskammer eingehen, ein formloses Schreiben genügt. Sind Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter beschäftigt, müssen diese vor der Ruhendmeldung ordnungsgemäß gekündigt werden.
Wenn das Gewerbe ruhend gemeldet wird,
- endet die Pflichtversicherung bei der Sozialversicherung mit dem Letzten des Monats, in dem das Gewerbe ruhend gemeldet wird (es werden keine Beiträge vorgeschrieben),
- halbiert sich die Wirtschaftskammergrundumlage und
- und man verliert die Wahlberechtigung bei der Wirtschaftskammerwahl.
Informationen zur Ausübung von freiberuflichen Tätigkeiten finden sich auf den Seiten der jeweiligen Kammer bzw. des jeweiligen Berufsverbandes.
Steuerlich bedeutet eine vorübergehende Stilllegung grundsätzlich noch keine Betriebsaufgabe. Soweit sich aus dem ruhenden Betrieb weiterhin (positive oder negative) Einkünfte ergeben, sind diese in der jährlichen Steuererklärung als entsprechende betriebliche Einkünfte aufzunehmen.
Für Bezieherinnen/Bezieher von Kinderbetreuungsgeld gilt die Versicherungsgrenze von 6.221,28 Euro pro Jahr (Wert für das Jahr 2024). Bei höheren Einkünften werden Versicherungsbeiträge vorgeschrieben.
Das ruhende Mitglied hat aber das Recht, sich über einen Antrag bei der zuständigen Wirtschaftskammer (→ WKO) in die Wählerliste eintragen zu lassen.
Eine gewerberechtliche Ruhendmeldung hat keinen Einfluss auf den Status der Firma im Unternehmensregister und auf "Mein Postkorb": Elektronische Zustellungen erfolgen bei ruhend gestellten Unternehmen weiterhin in "Mein Postkorb".
Weiterführende Links
- Mutterschutz (→ AK)
- Urlaub (Jahresurlaub, Elternzeit, Mutterschutz, Krankheit) (→ EURES)
- Informationen zur Schwangerschaft (→ Gesundheitsportal)
- Wochengeld und Betriebshilfe (→ SVS)
- Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen (→ SVS)
- Ruhendmeldung bzw. Wiederaufnahme der Gewerbeausübung (→ WKO)
Rechtsgrundlagen
- Bauern-Sozialversicherungsgesetz (BSVG)
- Gewerbliches Sozialversicherungsgesetz (GSVG)
- Mutterschutzgesetz (MSchG)
- Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
- Dachverband der Sozialversicherungsträger
- Bundesministerium für Finanzen
- Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft